Umweltbildung gestern,
heute und morgen

Naturaufnahmen fanden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in erster Linie im Geographie-, Naturkunde-, Biologie- und Heimatkunde-Unterricht Verwendung.

Die Schönheit der Landschaften mit Seen, Bergen, Wäldern und Feldern wurden auf verschiedenen Unterrichtsmedien (Fotografien und Schulwandbilder) als Sehnsuchtsorte stilisiert. Die landwirtschaftliche Nutzung – und somit die Kultivierung der Natur – ist Teil einer nicht problematisierten Beziehung des Menschen zu seiner natürlichen Umwelt.

Mit dem Schulwandbild «Wildbachverbauung» werden darüber hinaus notwendige Eingriffe des Menschen in die natürliche Umwelt illustriert. Wildbäche – so liest man im Begleitheft zu diesem Schulwandbild – gefährden Menschen und deren Siedlungen und sind v.a. durch Aufforstungen «zu bändigen». Die Aufforstungen – so liest man weiter – seien aber aufgrund der vormaligen Rodung von Wäldern zur besseren landwirtschaftlichen Nutzbarkeit, etwa für Viehwirtschaft, notwendig.

Zahlreiche Kinder folgen dem Aufruf und illustrieren die Folgen von Industrie und Abfallwirtschaft für die Natur oder verfassen Aufsätze zu dem Thema und rufen so aktiv zum Naturschutz auf.

Die Zeit um 1970 gilt in der Umweltgeschichte als Zäsur. Faktoren, wie Globalität, ein gesamtheitliches Ökologieverständnis der Wechselwirkungen von Gesellschaft, Wirtschaft und «natürlicher» Umwelt sowie eine neue Dringlichkeit von Umweltproblematiken führten auch zu einer neuen Thematisierung von Umweltschutz und Natur im Unterricht. Das Schulwandbild «Arktis» aus dem Jahr 1988 zeigt in grosser Eindeutigkeit die negativen Umwelteinflüsse des Menschen. Wir sehen auf der linken Seite Eis, Schnee, Gletscher, Felsen und die Sonne und auf der rechten Seite eine Bohrinsel, Flugzeug, Industrie, Pipelines, Feuer und Rauch. Natur und menschliche Einflüsse werden zu Gunsten des Umweltschutzanliegens im Kontrast dargestellt.

Im Begleitheft kann man lesen, dass mit diesem Motiv auf die Bedrohung der Natur durch den Menschen hingewiesen werden soll. Die Bedrohung zeigt sich in der Ausrottung arktischer Tierarten, der Verletzung der langsam wachsenden Tundra und der Gefährdung von Land und Meer durch eine Ölpest oder die verschmutzte Luft (S. 5).

Gleichzeitig wird hier auch die pädagogische Intention deutlich, die mit diesem Schulwandbild verfolgt wird: «Es ist nun Aufgabe und Verantwortung des Menschen, seine erfinderischen Fähigkeiten nicht nur zur Ausbeutung der Natur zu gebrauchen, sondern auch zu ihrer Erhaltung, indem er die störenden oder gefährlichen Begleitumstände seiner Aktivitäten ernst nimmt und verhindert oder wenigstens mildert.» (S. 5)

Natur ist nicht nur Sehnsuchtsort, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor. Genau dies zeigt das Schulwandbild aus dem Jahr 1992. Der Künstler Carlo Aloë inszeniert in einer für ihn typischen, komplexen Bildsprache die heimische Natur als insbesondere durch den Skitourismus bedroht. Das Schulwandbild ist trotz dem eindeutigen Titel «Alpen und Bergwelt in Bedrohung» auf den ersten Blick kaum zu entziffern. So erkennt man auch hier erst auf den zweiten Blick das Matterhorn am rechten Bildrand, ein Chalet unten rechts, mehrere Figuren auf Sesselbahnen, im Zentrum dann die Talstation einer Bergbahn. Im Vordergrund werden Autokolonnen sichtbar und überlagern andere Motive, oben links schwebt ein Helikopter ins Bild hinein, und ein Skirennfahrer springt dem Betrachter quasi ins Gesicht. Was Aloë hier mit der Überlagerung verschiedener Motive zeigen möchte, ist, dass die Bergbauern-Idylle, welche im Einklang mit der Natur leben und arbeiten, der Vergangenheit angehören. Stattdessen wird die Bergwelt heute fast ausschliesslich unter der Perspektive der Nutzbarkeit für Tourismus und Ferienindustrie betrachtet. Die Alpen sind durch Industrie und Zivilisation bedroht.

«Abfall/Wiederverwertung» wird ein Schulwandbild aus dem Jahr 1992 betitelt und ist somit ein typisches Beispiel für das ökologische Denken der 1990er Jahre. Ein gutes Beispiel (ein fein säuberlich angelegter Nutzgarten auf der rechten Bildseite) und ein schlechtes Beispiel (sich türmende Abfallberge auf der linken Bildseite) werden kontrastiert. In der Mitte befindet sich eine Mutter mit zwei Kindern bei der (vorbildlichen) Abfalltrennung. Im Begleitheft zum Schulwandbild wird der normative Appell zum Umweltschutz deutlich:
«Die steigende Abfallproduktion betrifft uns alle. Sie ist ein typisches Merkmal einer industriell weit entwickelten Nation. Es ist wichtig, dass wir sehen, dass alle an der Anhäufung dieser Abfälle beteiligt sind, und dass wir somit nur etwas verbessern können, wenn wir im Kleinen beginnen. Hier übernehmen das Elternhaus und die Schule eine ganz zentrale Funktion. Es geht darum, Kindern und Jugendlichen die Augen für Probleme zu öffnen, die uns alle betreffen.»

Nach den 2000er-Jahren wurde im Zusammenhang mit dem Schulfach «Bildung für nachhaltige Entwicklung» Umweltschutz in einen grossen Themenkomplex eingebettet und im Lehrplan verankert. Damit verbunden ist das Ziel, ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits zu erreichen. Das Thema der Erneuerungsfähigkeit verweist auf einen zukünftigen Zielpunkt. Seit Umweltbildung in den Themenkomplex nachhaltige Entwicklung eingebettet ist, werden Funktion und Intention in die Zukunft projeziert.

Aber wie sieht unsere Umwelt in Zukunft aus?

Diese Zeichnung eines Jungen aus Belgien entstand Ende der 1970er Jahre und zeigt eine Phantasiewelt der Zukunft. Die durch den Jungen imaginierte Zukunft kann natürlich heute bereits Vergangenheit sein, denn wir wissen nicht, für welches Jahr er seine Phantasiewelt entworfen hat.

Links sehen wir vermutlich eine Maschine der Zukunft abgegrenzt von verschiedenen unberührten Landschaften, wie Bergwelt, Meer, Wald und See mit Tieren und einer Figur in der Mitte. In der Vorstellung dieses Jungen leben wir in unberührter Natur mit modernen – vermutlich nachhaltiger – Wirtschaft, die hier zusammen mit Technik und Natur nicht als Gegensatz, sondern als Synthese inszeniert wird. Wir können moderne Technik nutzen und gleichzeitig eine vielfältige Natur pflegen.

Aber wie können wir unsere Gesellschaft tatsächlich nachhaltig entwickeln und gewährleisten, dass unsere vielfältige Natur nicht zerstört wird?

Auch diese Kinderzeichnung eines Schweizer Jungen aus dem Jahr 1982 stellt die Frage nach dem Leben in der Zukunft. Wir sehen unten Dinosaurier und strassenähnliche Verkehrswege, die vielleicht auf der Erde oder auf einem anderen Planeten gebaut wurden. Wir sehen zudem viele – scheinbar belebte – Planeten, sowie Raketen und andere Flugobjekte, die sich sozusagen zwischen den Welten bewegen. Verschiedene (auch zukünftige) Erdzeitalter scheinen hier miteinander zu verschmelzen. Provokativ könnte man die Frage stellen: Welche Rolle spielt unsere Erde in Zukunft für unser Leben?